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Am Fusse des Calandas

Monika und Beat Gansner betreiben die Calandahütte auf 2073 Metern über Meer – ein Einblick in ihren Sommer

«Geht ihr hoch?», fragt ein Mann in einem grünen T-Shirt und schaut in Richtung Haldensteiner Calanda. Der Gipfel liegt im Nebel. Wir verneinen. Sagen, dass hier unser Ziel sei. Der Mann, der eine Schürze um den Bauch und ein Tablett in der Hand trägt, lächelt und bittet herein. Herein in die Calandahütte auf 2073 Metern über Meer. Für den Sommer ist sie das Daheim und der Arbeitsort von Monika und Beat Gansner. 

In der Hütte ist es gemütlich warm. Es riecht nach Gebackenem. Er habe bereits, wie jeden Morgen, den Holzofen angefeuert und sei gerade beim Brotbacken, sagt Beat Gansner. Ein Wecker läutet. Der Hüttenwart verschwindet in der Küche. Wir nehmen indes Platz in der Gaststube. Vier Holztische stehen da, je etwa zwei Meter lang, in die sich frühere Besucherinnen und Besucher mit Namen und Sprüchen verewigt haben. Tief eingeritzt stehen sie für die Vergangenheit. «Würde das heute jemand machen, würde ich ihm oder ihr schön auf die Finger hauen», meint Monika Gansner und lacht. Die Hüttenwartin putzt einen Tisch, dann zündet sie die Kerzen auf unserem Tisch an und nimmt Platz. Sie erzählt von ihrem Sommerjob. Ihr Mann Beat serviert Milchkaffee und setzt sich dazu. 

Jetzt am Vormittag ist nicht viel los in der Hütte. Die Übernachtungsgäste von letzter Nacht sind schon aufgebrochen und die Tagesgäste noch nicht eingetroffen. Trotzdem ist in der SAC-Hütte immer etwas zu tun. Monika und Beat Gansner führen die Calandahütte im zweiten Jahr. Mann Beat hilft an den Wochenenden, unter der Woche, wenn viel los ist und in seinen Ferien. Er ist im Tal als Aussendienstmitarbeiter tätig. Unterstützt wird das Paar von Sonya, Ramona und Iris, die heute frei haben.

Der Tag des Ehepaars ist entsprechend lang. «Die Zeit hier ist streng, aber schön», sind sich die beiden einig. Tagwacht ist zwischen fünf und halb sechs in der Früh. Wenn Beat Gansner in der Hütte ist, übernimmt er die Frühschicht. Als Erstes wird Feuer gemacht. Das Team kocht und backt lediglich mit einem Holzofen, zudem steht ein gasbetriebener Salamander und eine Kochplatte in der Küche, für den Fall, dass es schnell gehen muss. «Das Feuer muss den ganzen Tag brennen. Dafür muss man ein ‘Gspüri’ haben», meint Monika Gansner. Frühmorgens bereitet das Team dann das Frühstück vor. Brot, Birchermüesli, Konfi, Butter, Käse. Alles wird, bis auf die Butter und den Käse, selbstgemacht. Um 7 Uhr gibts Frühstück für die Gäste. Erst, nachdem die Gäste gegessen haben, essen auch die Gansners und ihr Team. «Die Gäste gehen nach dem Frühstück. Oder sogar schon früher und kehren zum Frühstück zurück», sagt Beat Gansner. Er nimmt einen Schluck seines Milchkaffees. Spätestens nach dem Frühstück haben alle Gäste die Hütte verlassen. Dann müssen die Zimmer, Schläge genannt, auf Vordermann gebracht werden. Ein 9er- und ein 21er-Schlag fasst die Hütte. Später dann treffen schon die ersten Tagesgäste ein. Die Calandahütte ist dank ihrer Lage gut von Haldenstein oder Untervaz aus erreichbar (siehe Tipp). 

Es ist jetzt kurz vor Mittag. Noch immer bedeckt der Nebel die Spitze des Calandas. Zwei Paare betreten die Gaststube. Sie wollen sich noch rasch stärken, bevor es auf den Gipfel geht. Sie bestellen Kaffee und Wasser, Nuss- und Linzertorte. Für Letztere kämen manche extra hierher, sagt Monika Gansner. Lange bleiben die Gäste heute nicht. Sie wollen weiter. Für einen kurzen Schwatz reicht es dennoch. «Uns ist es wichtig, dass wir uns für die Gäste Zeit nehmen. So sind auch schon manche Freundschaften entstanden», sagt Beat Gansner. Freundschaften, ein Netz aus Leuten im Tal, die regelmässig hochkommen. Sei dies jeden Mittwoch mit einer Lebensmittellieferung oder unregelmässig dann, wenn das Paar gerade Hilfe braucht. 

Wieder läutet der Wecker. Und wieder verschwindet Beat Gansner in der Küche. «Kommt mit, jetzt nehme ich das Brot aus dem Ofen», sagt er. In der Küche ist es warm. An heissen Tagen könne es hier schon mal 50 Grad werden, meint Monika Gansner und lacht. Während ihr Mann doch noch einmal die Kastenbrote im Ofen dreht, führt sie durchs Haus. Wenig Platz für viele Menschen. Die Decken und Kissen in den Schlägen sind mit der klassisch rot-weiss karierten Bettwäsche bezogen. Auf den Kissen liegen Gummibärchen. «Das machen wir einfach so. Wir wollen, dass die Gäste sich willkommen fühlen», betont Monika Gansner. Sie steht vor der steilen Holztreppe zwischen den beiden Schlägen. Sowieso liegen dem Wirtepaar die Gastfreundschaft und die kleinen Details am Herzen. Dazu gehört zum Beispiel der Tellerservice beim viergängigen Abendessen. Oder eine schön dekorierte Gaststube, in der man gerne verweilt. 

Inzwischen ist es Mittag. Noch immer hängt der Nebel über der Hütte. Wäre das Wetter besser, hätte es jetzt bestimmt einige Gäste, meint Beat Gansner. Er schaut nach draussen. Später, so gegen 16 Uhr, treffen die ersten Übernachtungsgäste ein. Um 18.30 Uhr gibts Abendessen, um 22 Uhr gehen die meisten Gäste schlafen. Das Team räumt dann noch auf und bereitet den nächsten Tag vor. 

Wir sitzen alleine in der Gaststube. Monika und Beat Gansner bereiten in der Küche unser Mittagessen zu. Zucchinicremesuppe mit Hirschwurst, mit Zucchetti aus dem eigenen Garten in Seewis. Wir blättern durch das Hüttenbuch. Menschen aus  der ganzen Welt haben die Gansners schon besucht. Aus den USA und Holland, aber auch einfach aus Chur. Viele Einheimische. 

Wir essen. Und endlich dringen zarte Sonnenstrahlen durch die kleinen Fenster. Der Nebel lichtet sich. Es wird Zeit zu gehen. Monika Gansner reicht zwei Flaschen Churer Rötali. Für einen guten Abstieg, meint sie. Der Calanda ist nun hell beleuchtet.

www.calandahuette.ch
Die Geschichte über die Calandahütte ist die fünfte Geschichte unserer Sommerserie. Unter dem Signet «Sommerjob» erscheinen im Juli und August weitere Artikel.

Wanderung zur Calandahütte

Von Haldenstein aus

Der Wanderweg beginnt beim Dorfeingang über der Brücke auf 572 Metern über Meer. Wer mit dem Auto anreist, kann dort parkieren. Der Weg führt danach durchs Dorf hinauf zur Burgruine, weiter auf das Maiensäss Arella, dann nach Nesselboden und Funtanolja. Die Strecke ist gut beschildert. Stetig bergauf, führt der Weg grösstenteils durch den Wald. Knapp über der Waldgrenze liegt die Haldensteiner Alp und nur wenige Meter weiter oben die Calandahütte auf 2073 Metern über Meer. Der Aufstieg nimmt circa vier Stunden, der Abstieg drei Stunden in Anspruch. Wer noch Energie hat, kann von der Calandahütte in circa zwei Stunden auf den Gipfel des Calandas wandern. 

Von Untervaz aus

Von Untervaz führt eine befahrbare Strasse – Achtung Fahrbewilligung nötig – auf die Vazer Alp auf 1758 Metern über Meer. Von dort aus führt der Weg nach Wolfegg und weiter zur Calandahütte. Der Weg nimmt circa eineinhalb Stunden in Anspruch.