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Sommersport im Wintersportort

Auf und am Davosersee: Einblick in den Alltag der Surfschule

Morgens um halb 9 Uhr am Davosersee. Das Gewässer ist noch ruhig, die Oberfläche glatt. Die Berge spiegeln sich auf dem dunklen Wasser. Es ist ein schönes Bild. Ein sommerliches Idyll im Ort, der sonst vor allem für den Wintersport bekannt ist. Wie in der Skisaison ist es auch in der warmen Jahreszeit frühmorgens ruhig. Noch. Denn schon bald kommen die Sportfreudigen und wollen ab auf die Piste, respektive ab auf den See.

Im Holzhäuschen neben der Badi ist Flurin Nüesch beschäftigt. Mit schnellen Griffen werden Kleiderstangen mit Neoprenanzügen verschoben, Material verteilt und Boards versorgt. Der Wahldavoser begrüsst mit einem breiten Grinsen, die Augen zu schmalen Schlitzen verzogen. Der «Hangloose»-Lifestyle scheint für ihn erfunden worden zu sein. Die kinnlangen Haare unter einem Cap versteckt, die Sonnenbrille, obschon der Himmel wolkenbehangen, jederzeit griffbereit. Im Kabäuschen riecht es nach nassem Gummi und Wachs.

Er sei vor vier Jahren ganz zufällig zum Job in der Surfschule gekommen, erzählt Flurin Nüesch. «Eigentlich wollte ich hier nur Material mieten, bin aber dann mit einem Job gegangen», sagt er und lacht. «Wir haben einen Deal gemacht. Ich arbeite hier und darf dafür das Material nutzen.» Für den Physik- und Sportstudent ein idealer Sommerjob. Im Winter arbeitet er Teilzeit als Skilehrer. Ski nicht Snowboard, betont er. Denn das Skifahren sei seine allergrösste Leidenschaft.

Während Flurin Nüesch die Station, wie er das Holzhäuschen nennt, vorbereitet, erzählt er von seiner sommerlichen Hingabe. Dem Windsurfen. Schon als Kind sei er mit der Familie in Silvaplana auf dem Brett gestanden, später habe es ihn dann so richtig gepackt. «Vor allem wegen des Freiheitsgefühls», meint er und zuckt mit den Schultern. Dazu komme das Zusammenspiel von Sport und Natur. Von Koordination, Material und der Fähigkeit, den Wind zu lesen. «Eigentlich stehe ich im Sommer jeden Tag auf dem Brett. Ich habe aber kürzlich die Schulter operiert und muss jetzt pausieren. Das fällt mir nicht leicht», spricht der Sportler aus ihm.

Langsam fährt der Betrieb in der Surfschule hoch. SUP-Instruktorin Chantal tritt zum Dienst an, Inhaber Beat Conrad sieht zum Rechten. Ein SUP-Einführungskurs für eine Schulklasse und ein Schnupperkurs im Windsurfen stehen auf dem Tagesprogramm. «Welches Brett nimmst du?», fragt Flurin Nüesch. Instruktorin Chantal überlegt kurz und meint: «Das blau-schwarze. Oder das lange, gelbe.» Derweil geht der Blick von Inhaber Beat Conrad zur Windfahne. «Ich glaube, der Wind dreht später.»

Im Moment geht nur ein feines Lüftchen. Ideal fürs Stand-up-Paddling, weniger ideal fürs Windsurfen. Gut, startet die Schulklasse mit Ersterem. Mittlerweile sind Kinder und Lehrer eingetroffen. Es wird durcheinander gequatscht, über die noch nasse Wiese gerannt, die Finger prüfend ins Wasser gestreckt. Wenige Minuten später sind die Kinder in Neoprens gekleidet und tragen zu zweit die grossen Bretter ans Ufer des Davosersees. Nach ein paar Trockenübungen wird das Board angestossen, schnell darauf gehüpft und mutig losgepaddelt. Ein paar der Kinder stehen nach wenigen Minuten, andere bleiben auf den Knien. Erste Erfolgserlebnisse entstehen schnell.

Beat Conrad beobachtet die Szenerie mit prüfendem Blick vom Ufer aus. Auch er ist eigentlich eher in der Windsurfszene zu Hause. Heute sei er nicht mehr so oft auf dem See anzutreffen, die Faszination für das Windsurfen lebe er jedoch immer noch. Sein Bruder war Windsurfprofi und auch Beat Conrad verbrachte viel Zeit auf dem Wasser. «Ich war bekannt fürs Herumspringen. Für Saltos und so Zeug», meint er grinsend. Im gefalle die Freiheit, die Action, das Schnell-übers-Wasser-Flitzen. Durch den Sport sei er viel in der Welt herumgekommen. Heute ist die Schule in Davos, die er vor etwa 20 Jahren übernommen hat, seine Verbindung zum Surfen. «Das ist mein Sommerjob als Selbstständiger. Im Winter bin ich angestellt und mache Skischuh-Fitting.» Auch hier wieder. In Davos lebt der Sport. Im Sommer genauso wie im Winter.

 

Auf dem Wasser hat ein fliegender Wechsel stattgefunden. Die zweite Hälfte der Klasse wagt sich aufs kühle Nass. Einige auch hinein, wenn auch nicht ganz freiwillig. Der Wind hat zugenommen, die Sonne lugt ab und zu durch die Wolkendecke. Am Nachmittag dann versteckt sich das wärmende Gelb und macht Platz für kühlende Regentropfen, die nun vom Himmel fallen. 

Wasser von unten und oben schreckt die drei Schnuppernden nicht ab, die sich für den Einführungskurs im Windsurfen angemeldet haben. Die zwei Jungs und das Mädchen steigen in die Neoprenanzüge und mit Surflehrer Maurus in den 15 Grad kalten See. Flurin Nüesch beobachtet vom Ufer aus. «Lieber sie als ich», kommentiert er mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen. Auf dem See erhöht sich die Schwierigkeit. «Beim Windsurfen kommt alles zusammen. Das Segel, das Brett, das Windlesen. Am schwierigsten ist das Steuern, vor allem, die Höhe zu halten», sagt er mit Blick auf das Treiben auf dem See. Gleichgewicht und Koordination seien fürs Surfen essenziell. «Es geht darum eine Weile, bis man beim Windsurfen richtig Spass hat.»

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Die Kids bleiben dran. Immer wieder hieven sie das Segel und manchmal auch sich, aus dem kalten Wasser. Die Konzentration steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Lehrer Maurus steht im Uferbereich. Er gibt Anweisungen, führt an kleine Erfolgserlebnisse heran. Die Konzentration weicht Stolz. Solange, bis das Segel mitsamt Kind wieder im Wasser landet. «Viele sind spätestens nach einem Surflager angefressen», meint Flurin Nüesch.

Trotz mässigem Wetter ist es alles andere als ruhig am See. Im Wasser wird gesurft und Wakeboard gefahren, am Wasser Kaffee getrunken, spaziert und Volleyball gespielt. Der See als Treffpunkt und Ausflugsort. «An schönen Wochenenden sind wir nur am Material ausgeben und wieder herrichten», meint Flurin Nüesch, einen Schraubenzieher in der Hand. Er arbeite gerne hier. Vor allem wegen des kollegialen Verhältnisses in der Surfschule. «Ich glaube, das haben wir Sportler gemein. Wir teilen dieses Freiheitsgefühl. Die Leidenschaft eint uns. Das erlebe ich im Sommer am See genauso wie im Winter im Schnee.»

www.davossurf.ch

Der Bericht über die Surfschule Davos ist die dritte Geschichte unserer Sommerserie. Unter dem Signet «Sommerjob» erscheinen im Juli und August weitere Geschichten.

Wissenswertes zum SUP

Es ist wohl das Sommersportgerät der Stunde. Das Stand-up-Paddle-Board, kurz SUP. Beim Stand-up-Paddling bewegt man sich mit einem langen Stechpaddel auf einem Brett im Wasser vorwärts. Der Sport lässt sich grundsätzlich auf verschiedenen Gewässern ausüben. Dennoch gilt es einiges zu beachten. 

Richtig auf dem Brett stehen

Erst sollte das Paddel richtig eingestellt sein. Dafür die Arme nach oben strecken und mit der Hand über das Paddel greifen. Das Paddel hat die richtige Länge, wenn so mit der Hand eine Winkbewegung (von oben nach unten) ausgeführt werden kann. Beim Paddeln selbst greift eine Hand oben am Paddel (beim Griff) und eine an der Seite. Um vorwärtszufahren, paddelt man mit gestreckten Armen von vorne nach hinten. Um das Brett zu kehren, paddelt man von hinten nach vorne. Das Gleichgewicht auf dem wackeligen Sportgerät findet man am besten, wenn man in der Mitte des Brettes schulterbreit steht, respektive kniet.

Rechtliches

Es wird empfohlen, immer eine Schwimmhilfe zu tragen. Ab 300 Meter Entfernung vom Ufer oder auf Fliessgewässern ist es Pflicht, eine Schwimmhilfe mitzuführen. Das SUP-Board sollte mit dem Namen, der Adresse und der Telefonnummer der Besitzerin respektive des Besitzers gekennzeichnet sein, damit bei Verlust des Boards keine unnötigen Rettungsaktionen gestartet werden müssen. SUPs sind eingestuft wie Ruderboote und müssen Kursschiffen, Berufsschiffen, Segelfahrzeugen, Fischerbooten und Badenden ausweichen. Fahren zwei SUPs aufeinander zu, weichen beide nach rechts aus. Dies gilt auch gegenüber Kajaks, Kanus sowie Ruderbooten. Naturschutz- und Badezonen dürfen nicht befahren werden. Die Fussleine sollte auf dem See angemacht werden, auf Flüssen jedoch nicht (Gefahr von Hängenbleiben). Es gilt, sich dem Wetter und der Wassertemperatur entsprechend zu kleiden.