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Helfend und heilend

Wie das Waldbaden die Gesundheit, das Bewusstsein und die Achtsamkeit fördert

Stoisch stehen sie da. Tief verwurzelt und doch unsere Welt überblickend. Allwissend, so scheint es. Weise, haben einige von ihnen doch schon zwei, drei oder vier Jahrhunderte durchlebt. Nicole Ackermann spricht von alten Freunden, wenn sie von ihnen, den Bäumen, spricht. Alte Freunde, die wir heute besuchen.

Selbstheilungskräfte und Immunsystem stärken.

Es ist ein Dienstag Anfang März. Der Waldboden der Ganda bei Landquart ist gefroren, knistert unter den Füssen. Wir gehen ein Stück, nicht genau wissend, was uns heute beim Waldbaden mit Nicole Ackermann erwartet. Shinrin Yoku heisst die in Japan anerkannte Therapiemethode, die aus dem Schintoismus und Zenbuddhismus stammt. Eine Methode, bei der man durch Achtsamkeits- und Wahrnehmungsübungen, durch Meditation, Atemtherapie und durch die Schulung der Sinne die Selbstheilungskräfte aktiviert und das Immunsystem stärkt. Der Wald unterstützt dabei. 

Bewusst treten wir ein.

«Jetzt treten wir ein in den Wald», sagt Nicole Ackermann, die seit einem Jahr als Gesundheitstrainerin das Waldbaden in Graubünden anbietet. Bewusst treten wir ein. Darum geht es beim Waldbaden. Wir hetzen nicht durch den Wald, wir gehen achtsam. Wir schauen, riechen, hören. Und wir lassen zu Beginn des Spaziergangs den Alltag hinter uns. «Entweder lassen wir beim Eintreten in den Wald ein kleines Naturgeschenk zurück», sagt die Trainerin und legt einen Lärchenzapfen auf einen Zaun. «Oder wir schmeissen den Alltag hinter uns.» Sie wirft ein Ästchen über ihre Schulter. «Oder wir juchzen und hüpfen», meint sie hüpfend. Hüpfen sei sowieso gut, wenn es mal nicht so gut sei. Wir hüpfen also zusammen. Und wir lachen. «Siehst du, wenn man hüpft, lacht man. Durch das Hüpfen oder auch Schütteln und Schwingen wird Sauerstoff durch die Wirbelsäule ins Hirn transportiert. Unser Wohlbefinden steigt. So einfach können wir aktiv etwas für unsere Stimmung tun», erklärt Nicole Ackermann. 

Wir schauen und suchen.

Der Buchenwald umgibt uns. Es ist windstill, ruhig. Nur das Laub raschelt unter den Füssen und ein paar Vögel zwitschern in den Baumkronen. Auch wir sind still, gehen langsam und leise. Fügen uns in den Wald ein. «Was bewegt sich?», fragt Nicole Ackermann. Wir schauen und suchen. Wir bleiben am Fusse einer Buche stehen, sehen schon die ersten zarten Blätter der Walderdbeere, etwas weiter lugen die hellgrünen Blätter des Bärlauchs aus dem Laub. Nicole Ackermann legt mit kleinen Ästchen einen Rahmen um die zarten Blätter. «Schauen wir bewusst für eine Minute alles an, hilft das, uns auf uns selber zu fokussieren. Es ist eine Art der Meditation. Wenn wir in Resonanz mit der Natur treten, begegnen wir uns selbst. Wir sind dann im Einklang», so die Gesundheitstrainerin. 

Ein bunter Strauss an Methoden.

Wer waldbadet, folgt keinem Plan. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Mal schult man die eigenen Sinne, indem man sie bewusst auseinandernimmt. Dann hört man mal nur, mal schaut man, mal riecht man. Oder man bewegt sich mit geschlossenen Augen oder rückwärts. Ein bunter Strauss an Methoden, wie Nicole Ackermann sagt. Je nach Intention und Bedürfnis wählt man die passenden Methoden. «Manchmal, wenn es mir nicht gut geht, stelle ich mir dir Frage: Was brauche ich? Dann gehe ich nach draussen und es zieht mich an einen Platz im Wald», so die Gesundheitstrainerin. «Manchmal zieht es dich zu den alten, grossen Bäumen, manchmal aber auch zu den Jungbäumen. Je nachdem, was du brauchst. Jeder Waldabschnitt hat seine Qualitäten. Mit der Zeit, wenn du es ein bisschen übst, hast du ein Gespür für diese Qualitäten. Es ist eine Bewusstseinsschulung», ergänzt sie. Die Qualität des Waldes, dieser nicht fassbare Raum, wird in Japan als «Ma» bezeichnet. Die Atmosphäre, die beseelt und heilig ist. 

Als Dank, dass er uns hilft und heilt.

Wir gehen weiter, jetzt durch einen Fichtenwald, streifen zwischen Jungbäumen hindurch und kommen auf einer Anhöhe zu stehen. Nicole Ackermann zeigt drei einfach Übungen aus der traditionellen chinesischen Medizin (Qi Gong). Etwas, das man ebenfalls einbauen könne ins Waldbaden. Wie’s beliebt. 

Wir lassen den dichten Wald hinter uns und gehen zu einer frei stehenden Eiche. Nicole Ackermann erzählt eine Geschichte und lädt ein, nochmals innezuhalten, bevor es zurück in den Alltag geht. Sie schenkt Tee aus Fichtenzweigen in vier Schalen. Eine bekommt der Wald. Als Dank, dass er uns hilft und heilt. Es ist windstill. Stoisch steht sie da, die Eiche. Allwissend und weise.

Weitere Informationen, Angebote und Kursdaten unter www.naturbegegnung.com