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Das eigene Game bauen

Im Code Camp lernen Kinder spielerisch programmieren – ein Besuch im Ferienkurs in Chur

Die kleinen Finger tippen über die Tasten. Wieselflink. Die Kinder sitzen vor ihren geöffneten Laptops. Sie bauen, entwerfen, programmieren, spielen. Sie sind fokussiert und konzentriert. So, wie es sich für kleine Hackerinnen und Hacker gehört. Wobei sich der Begriff in diesem Fall natürlich nicht auf illegales Hacken in Rechnersysteme bezieht. Vielmehr auf kleine Tüftlerinnen und Tüftler, die einen verspielten Umgang mit Technik und einen besonderen Sinn für Kreativität mitbringen.  Früh übt sich, wer meisterhaft werden will. Trotzdem. Augen weg vom Bildschirm. Und das Coding Workbook aufschlagen. Jetzt ist Theorie angesagt.  

Es ist Dienstagmorgen in den Frühlingsferien. Der zweite Tag des Code Camps im Familienzentrum Planaterra in Chur. «Wir sind keine Eliteschmiede», betont Urs Keller, Mitgründer von Code Camp Switzerland, gleich zu Beginn. Er sitzt im Kinderkafi und trinkt Cappuccino. «Die Kinder sollen in unseren Camps vor allem Spass haben. Einen spielerischen und spannenden ersten Kontakt mit der kreativen Welt des Programmierens.» Es klingt wie ein Versprechen. Und es ist ein Versprechen. Die Kinder konsumieren nicht. Sie bauen. Ein Videospiel. Ihr eigenes Game. Das macht mit Sicherheit Spass. Und die Idee? Die kommt aus Australien. Als Unternehmensberater Urs Keller vor einigen Jahren dort ein Kind entdeckt, das ein königsblaues T-Shirt mit der schneeweissen Aufschrift «I built my own app at code camp» trägt, ist es um ihn geschehen. Er möchte mehr darüber wissen. Ende Oktober 2017 sitzt er mit den Verantwortlichen zusammen. Und im Januar 2018 wird das erste Code Camp in der Schweiz durchgeführt. In Wettingen und in Aarau. Seither führt Urs Keller das Unternehmen zusammen mit Mitgründer Jaap Vossen und Mitgründerin Sibylle Krüger. Und seither steht es auch auf den T-Shirts der Schweizer Kinder weiss auf blau geschrieben: «Ich habe im Code Camp meine eigene App gebaut.» Natürlich auf Englisch. Das mit der Fremdsprache ist für die Kinder übrigens kein Problem. Erstens ist sie für die meisten Kinder gar nicht so fremd. Und zweitens verknüpfen die kleinen Hackerinnen und Hacker die neuen Wörter gleich mit dem Programmieren. Spielerisch und mit viel Spass. Auch hier. Und wer kann mitmachen? «Kinder, die lesen und schreiben können», so Urs Keller. «Programmieren ist extrem wenig altersabhängig. Es ist abhängig vom ureigenen Interesse des Kindes. Manche kicken lieber. Einige singen lieber. Und andere programmieren lieber», sagt der Gründer und lacht. So oder so. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind in der Regel zwischen sieben und zwölf Jahre alt. Und sie bringen unterschiedliche Kenntnisse mit. Von der Einsteigerin bis zum Fortgeschrittenen. Im Code Camp sind alle willkommen. Und so gestalten sich auch die Programme entsprechend.

Der Einstieg gelingt einfach mit Drag&Drop-Programmierung in Spark und wird im Ignite angereichert und vertieft. Blast 3D und AR Creators setzen dann bereits auf reines Line Coding in JavaScript, der Sprache des Internets. Abgerundet wird das Curriculum durch Web Builders, in dem die Kinder ihre eigene Website erstellen und dabei neben JavaScript auch HTML und CSS kennenlernen. Noch Fragen? «Die Kinder können es ihren Eltern dann erklären», sagt Urs Keller und lacht. Übrigens sind die Mädchen noch deutlich in der Minderheit. Bisher sind rund ein Viertel der Teilnehmenden weiblich. Aber sie holen auf. «Es ist eine Sache für alle», betont der Unternehmer.  Das gilt auch für die Lehrpersonen, Teacher genannt. Obwohl. Dort ist es eigentlich eher eine Frauensache. Die Teacher sind mehrheitlich weiblich. Inzwischen besteht ein Pool, dem rund 80 Teacher angehören. Und wenn wir schon bei den Zahlen sind: Seit der Gründung sind über 300 Camps in fünf Stufen angeboten und dabei mehr als 20 000 Arbeitsstunden geleistet worden. Tausende Kinder haben bisher die Camps schweizweit besucht. Damit die Camps auch in Graubünden bekannter werden, beteiligt sich künftig auch Somedia an der Code Camp Switzerland AG. «Ab Sommer werden wir Camps im Medienhaus anbieten», bestätigt Urs Keller.

Im Kinderkafi ist es laut geworden. Die Kleinsten haben mit ihren Mamis Einzug gehalten. Da wird ein Turm gebaut, dort ein Stuhl verschoben, hier mit Holzklötzen gespielt. Alles lautstark untermalt mit fröhlichem Plaudern und Lachen. «Unser Nachwuchs», betont Urs Keller und schmunzelt. Er verlässt das Café und geht die Treppen hoch in den oberen Stock. Hier ist es ruhig. Die kleinen Finger tippen über die Tasten. Wieselflink. Die Kinder sitzen vor ihren geöffneten Laptops. Sie bauen, entwerfen, programmieren, spielen. Sie sind fokussiert und konzentriert. So, wie es sich für kleine Hackerinnen und Hacker eben gehört. Drei Jungs und zwei Mädchen besuchen seit gestern bei Teacher Susanne den Einsteigerkurs. Und im Nebenraum programmiert eine fortgeschrittene Hackerin mit Teacher Dominik. Ein Videogame soll es werden. Am besten eines wie Super-Mario. Auf jeden Fall ein Jump ’n’ Run Computerspiel. Eines, bei dem sich die Spielfigur laufend und springend fortbewegt. Ein Spiel mit Hindernissen. Eines mit Heldinnen und Helden. Und für Heldinnen und Helden. Die Teacher schauen auf die Uhr. Bald kommt der schwierigste Teil des Tages. Die Kinder in die Pausen zu schicken.

Ab Sommer im Medienhaus

Auch im Medienhaus in Chur hält das Code Camp Einzug. Und zwar an diesen Daten: Animation Camp vom 8. bis 9. August; Spark/Ignite/Blast 3D
vom 10. bis 12. August; Spark/Ignite/Web Builders vom 12. bis 14. Oktober.

https://www.codecampworld.ch/