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Blau, gelb, grün?

Der HCD will nicht nur sportliches Vorbild sein und nimmt deshalb eine Nachhaltigkeitsstrategie in Angriff

Davos ist wieder blau/gelb. Das Transparent, das quer über die Hauptstrasse gespannt ist, verrät: «Heute Heimspiel.» Endlich wieder Hockey. Und das ganz ohne Einschränkungen. Die Euphorie ist gross – im Dorf und auch beim HCD. Vor dem Stadion tummeln sich am Dienstagnachmittag die Familien auf dem Eisfeld, drinnen trainieren die Profis. Mediensprecher Remo Blumenthal und Nachhaltigkeitsberater Nico Decurtins führen durch das noch leere Stadion. Es ist ein besonderer Rundgang. Für einmal geht es nicht um sportliche Leistungen, sondern um nachhaltiges Handeln. Statt um Tore, um gute Entscheidungen. Jüngst hat der Hockeyklub eine Nachhaltigkeitsstrategie in Angriff genommen und kürzlich für eine daraus entstandene Massnahme den Metallrecycling-Preis erhalten. Doch dazu später mehr.

Erst spazieren wir um den Ring, den Betonbau, der das Holz im Innern des Stadions ummantelt. «Holz ist aus Nachhaltigkeitssicht der beste Baustoff. Beim Betonteil waren praktische Überlegungen beziehungsweise Vorgaben der Gebäudeversicherung ausschlaggebend», meint Nico Decurtins, den Blick auf die grauen Wände gerichtet. Wir gehen durch eine der vielen Türen und finden uns in einer kleinen Küche eines Verpflegungsstands wieder. «In der Gastronomie entsteht ein sehr grosser CO2-Fussabdruck. Wir versuchen diesen mit ersten Schritten zu verringern», erläutert der Nachhaltigkeitscoach und zeigt auf ein kleines, technisches Gerät. Patrick Buemi, Eventleiter beim HCD, spannt eine verschlossene Bierdose ein und drückt den Hebel der Maschine kurz. Dann streckt er die Bierdose vor sich aus, ohne Deckel und trinkbar abgerundet. Anstatt Gezapftes in Plastikbechern soll Bier künftig so ausgeschenkt werden. Das habe zum einen hygienische Gründe, so Patrick Buemi. Andererseits habe man so weniger Verlust und die Leute seien in Sachen Alu-Recycling ohnehin sensibilisiert. Die geschlossene Dose dürfe man aus Sicherheitsgründen nicht ausgeben. Die Massnahme in Sache Bier wurde denn auch mit dem Metallrecycling-Preis belohnt.

Nicht preisgekrönt, aber dennoch sinnvoll sind auch die anderen Ideen, wie die Verpflegung der Gäste nachhaltiger gestaltet werden kann. Nico Decurtins hat viel zu berichten. Kleine Schritte, die irgendwann Grosses bewirken sollen. Er erzählt von einem neuen Sammelsystem, von lokalen Produzenten und Lieferanten, von veganen Alternativen und kleinen Portionen im Restaurant zum Nachschöpfen. Er zeigt auf eine Sammelstation, PET, Mix, Bio, Alu. «Wir wollen irgendwann alle Restmüll-Verpackungen ersetzen. Alu und PET können wir recyceln, der Biomüll wird von einem lokalen Bauer in Biogas umgewandelt.» 

Wir spazieren weiter durch das Stadion. In den Gängen riecht es nach Schweiss und Sport, in den Zuschauerrängen nach Bratwurst und Bier. Die beiden Männer erzählen derweil, dass der HCD als Stadionmieter nicht auf alles direkt einen Einfluss habe, die Gemeinde sich aber auch wichtige Nachhaltigkeitsgedanken mache. So werde mit der Abwärme aus der Eisproduktion beispielsweise das benachbarte Hallenbad beheizt. Und zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energiequellen genutzt, zu einem grossen Teil gar aus der eigenen Solaranlage. 

«Sportklubs tragen eine enorme Verantwortung. Die Spieler des HCD sind Vorbilder. Umso wichtiger ist es, dass wir uns um die Nachhaltigkeit unseres Tuns Gedanken machen», erklärt Nico Decurtins. Auch deshalb habe sich innerhalb des Klubs eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich eben mit diesen Themen befasse. Noch stecke das Projekt in Kinderschuhen, es sei aber enorm wichtig, wenn es um die Zukunft des Hockeyklubs gehe. «Es wächst eine neue Generation heran, die sich viel mehr Gedanken um grüne Ideen macht. Am Schluss heisst es ja auch für uns: ‘No planet, no Play’», so der Nachhaltigkeitscoach. Es gehe aber nicht nur um den Planeten. Nachhaltigkeit hat verschiedene Dimensionen. Im Sport seien diejenigen besonders relevant, die direkt mit den Menschen zu tun haben. So gehe es um Gesundheit und Wohlbefinden, aber auch beispielsweise ums Thema Bildung. Hier habe der Klub schon einiges vorzuweisen. Stolz berichten die beiden Männer über die grosse Nachwuchsabteilung des HCD, von Spitalbesuchen und Charity-Partnern. «Aber auch in Bezug auf die soziale Nachhaltigkeit wollen wir noch mehr tun», so Nico Decurtins. Bei der ökonomischen Nachhaltigkeit gehe es um Existenzielles. Um nachhaltiges Wirtschaften, sodass der Klub langfristig seine Existenz sichern kann.

Der Rundgang endet im Fanshop. Wieder umgeben von Blau und Gelb. Zielstrebig greift Nico Decurtins nach einem weissen Spenglercup-Shirt. Mit den langen Fingern knobelt er nach der Etikette. Sie leuchtet grün. «Dieses Leibchen besteht aus recycelten PET-Flaschen. Zugegeben, ein Shirt aus wiederverwertendem Plastik ist nicht optimal, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung», sagt er und geht weiter durch die Regale. Er zeigt auf einen Flaschenöffner, gefertigt aus einem kaputten Hockeystock, und auf eine Tasche, die aus einem ausgemusterten Trainingsleibchen genäht wurde. Neben Upcycling würden Projekte wie diese auch Arbeit für Benachteiligte generieren. Für die Argo beim Flaschenöffner, für ein Integrationsprojekt bei den Taschen.

«Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Wir wollen zum Nachdenken anregen, intern und auch bei unseren Fans. Es ist ein erstes Anstupsen», erklärt Remo Blumenthal. «Ein wichtiges Anstupsen», ergänzt Nico Decurtins. Wer weiss, vielleicht ist die neue Farbe des HCDs ja künftig grün?

www.hcd.ch/nachhaltigkeit