Skip to content

«Alles anschnallen – wir heben ab!»

Egal, wie lang der Arbeitsweg ist – man trifft unterwegs immer wieder auf skurrile Persönlichkeiten oder schnappt ungewollt kuriose Gesprächsfetzen auf. Von diesen Momenten berichtet diese Kolumne berichten.

Es gibt Tage, die laufen einfach nicht so geschmiert wie andere. Und wenn man dann auch noch in einen überfüllten Bus einsteigen muss, in dem es seltsam riecht und man am liebsten gleich wieder aussteigen möchte, kann einem das nach einem strengen Arbeitstag den Rest geben. Besonders, wenn die Leute auch alle noch so grimmig dreinschauen und man direkt weiss: Aha, denen geht es nicht anders.

Deswegen war ich umso überraschter, als ich eine gänzlich andere und vor allem unerwartete Begegnung in einem «Bus vo Chur» machen durfte. Anders als die meisten anderen Busfahrer und -fahrerinnen, scheint einer grosse Freude an seinen Gästen zu haben und begrüsst sie lautstark. Ich sage nicht, dass andere Buschauffeure und -chauffeusen nie jemanden begrüssen oder verabschieden, aber einfach nicht so, wie dieser es getan hat. «Jo guata Obig mitanand. Händ Sie en guata Arbeitstag ka? Nei? Jo so gsehnd Sie au us», begrüsst er ein Grüppchen, als diese an einer Haltestelle einsteigen. Die Gruppe blickt zuerst verdutzt drein und dann breitet sich langsam ein Lächeln auf ihren Gesichtern aus. Jemand hinter mir prustet los. Damit hat wohl niemand gerechnet.

Und man könnte jetzt meinen, dass der Busfahrer das Böse gemeint hat, aber das hat er keineswegs. Er scheint die Leute aufmuntern zu wollen und scherzt während der ganzen Fahrt mit Neuzugestiegenen. Bei jedem und jeder hat er einen neuen Spruch auf Lager und trifft jedes Mal ins Schwarze. Die Fahrgäste, die schon beim Bahnhof eingestiegen sind und, wie ich, das ganze schon länger mitverfolgen, haben «a huara Gaudi» und sind gespannt, was ihm als Nächstes einfällt.

Ein andermal – und ich bin mir an dieser Stelle nicht zu hundert Prozent sicher, ob es sich um den gleichen Angestellten handelt – hat es ein Busfahrer dann auf die Spitze getrieben. Ich bin wieder einmal aus dem Zug ausgestiegen und habe mich in den Bus umgesiedelt, als ein Räuspern durch die Lautsprecher des Busses dringt. Und das habe ich sogar durch meine Kopfhörer hindurch wahrgenommen. «Guata Obig liabi Passagier. I hoffa, Sie häns hüt nit allzu streng ka. Miar flügen in Kürzi ab und i bitta Sie, Platz z neh.»

Die Blicke der Fahrgäste hätten unterschiedlicher nicht sein können. Einige fanden es wohl witzig, manche eher weniger – dem Gesichtsausdruck nach beurteilt – und wieder andere haben es gar nicht mitbekommen. Als der Bus losfährt, zischen die Lautsprecher wieder. Der Busfahrer ergreift sich erneut das Mikrofon und ruft: «Alles anschnallen – wir heben ab!» In den hinteren Ecken wird gekichert und geflüstert. Ein älterer Herr blickt sich so um, als würde er sich fragen, ob er hier richtig ist. Eine Frau mit ihrem Nachwuchs neben sich blickt grinsend auf ihr Kind, welches sie wiederum anlächelt. Zumindest dem Kleinen scheint es zu gefallen, was auch immer dieser Busfahrer da versucht.

Während der restlichen Fahrt ertönen immer wieder Flugzeug-ähnliche-Durchsagen, in denen er abwechselnd über das Wetter «hier oben» philosophiert und dann wieder nach der Bestätigung seiner Mitreisenden sucht. Mit einem kurzen Blick in den Rückspiegel vergewissert er sich, dass … ja was eigentlich? Er blickt zumindest immer wieder nach hinten und lächelt verschmitzt.

Diesen Herren hätte man auch nicht fragen müssen, ob ihm sein Beruf gefällt. Das ist, glaube ich, ziemlich klar. Mir ist bewusst, dass seine Art nicht jedem und jeder gefällt, und mir mag es an manchen Tagen auch zu viel sein. Aber wer weiss – vielleicht konnte er mit seiner Performance ja dem einen oder der anderen den Tag versüssen.