Na ja, das schlechte Wetter in den letzten Wochen hat auch etwas Gutes. So früh hätte mein Opa sonst keine Pilze gefunden. In diesem Jahr durfte ich zum ersten Mal mit ihm auf Pilzsuche gehen. Vorweg: Pilz ist nicht gleich Pilz. Zuerst musste Opa mir zeigen, wo die Pilze wachsen und welche giftig sind. Seine Lieblingsplätze darf ich euch nicht verraten – Opa meint, das muss Top Secret bleiben.
Psst, still sein
Jedenfalls hatten wir in kurzer Zeit das Körbchen voll mit lauter Eierschwämmen und Steinpilzen. Ich musste Opa versprechen, so wenig wie möglich zu reden, und wenn ich etwas sagen wollte, dann sehr leise – aus einem bestimmten Grund: Neben dem Sammeln von Pilzen wollten wir auch Wildtiere beobachten.
Während Opa und ich die letzten Pilze in unseren Korb legten, hörte ich plötzlich ein Rascheln im Gebüsch. Ich fragte Opa neugierig, ob wir ein wildes Tier aufgeschreckt haben – mein Herz klopfte vor Aufregung –, und war ganz gespannt. Opa schmunzelte und sagte: «Das ist bestimmt nur ein Eichhörnchen.» Aber manchmal gebe es hier auch andere kleine und grosse Waldbewohner, meint er. Im Sommer ist im Wald kaum Bewegung wahrzunehmen. Die grossen Wildtiere wie Rehe, Gämsen und Hirsche haben genug zu fressen und bewegen sich kaum. Nur in der Abend- oder Morgendämmerung sieht man sie manchmal – wenn überhaupt.
Was mein Opa alles weiss! Er kennt sich gut aus und weiss genau, wo welche Tiere ihre Reviere haben. Zum Beispiel wusste ich nicht, dass der Dachs seine Höhle mit dem Fuchs teilt und dass die beiden meistens nur nachts auf Futtersuche gehen.
Manchmal wächst ein Eichelbaum
Während des Erzählens und Pilzesuchens sprang ein kleiner Vogel aus dem Gebüsch. «Das ist ein Eichelhäher», meinte Opa. Ja, der Eichelhäher frisst Eicheln und ist bekannt für seine Vorliebe dafür. Er ist ein Allesfresser, doch Eicheln sind seine Hauptnahrung – besonders im Herbst, wenn er sie als Wintervorrat sammelt und versteckt. Er ist ein geschickter Sammler und kann bis zu zehn Eicheln gleichzeitig in seinem Kehlsack transportieren. Die Eicheln versteckt er einzeln oder in kleinen Gruppen an verschiedenen Orten im Wald, um sie später wiederzufinden und als Nahrung zu nutzen. Obwohl Eicheln seine Hauptnahrung sind, frisst der Eichelhäher auch andere Dinge wie Bucheckern, Haselnüsse, Beeren, Samen, Insekten und kleine Wirbeltiere. Die Eicheln aber haben eine besondere Bedeutung für ihn: Sie dienen sowohl als direkte Nahrungsquelle als auch als Wintervorrat. Egal ob im Wald, am Waldrand oder auf dem Feld – manchmal wächst deshalb dort ein Eichelbaum heran.
Mit Opa ist es nie langweilig. Neben dem Sammeln von Pilzen erfahre ich auch, welche Vögel im Wald nach Nahrung suchen.
«Opa, können wir noch weitere Pilze suchen?», frage ich neugierig. «Natürlich, aber wir sollten vorsichtig sein. Nicht alle Pilze sind essbar, und wir wollen ja keinen giftigen Pilz nach Hause nehmen.» Ich bin froh, dass wir zusammen Pilze suchen durften. So wie ich mit Opa unterwegs bin, war auch mein Papa mit Opa unterwegs. Der Wald ist voller Geheimnisse – und mit Opa macht alles doppelt so viel Spass.
Text Bernhard Petschen
Bild und Illustration KI, Canva/Photoshop Jacqueline Petschen