Skip to content

Tocotronic: «Nie wieder Krieg»

Die Songs des neuen Tocotronic-Albums waren schon längst im Kasten und die Veröffentlichung für Anfang 2021 geplant. Aus bekannten Gründen geriet der vorgesehene Zeitplan durcheinander. Vor wenigen Wochen war es dann aber so weit. Immerhin ging ein erster Song («Hoffnung») schon 2020 auf die Runde durch die Hörkanäle. 

Sänger und Songschreiber der Band, Dirk von Lowtzow, singt in der langsamen und von Streichern ummantelten Nummer von Neuanfängen, vom aus der Ecke kommen, vom Überwinden der Angst. In einem Interview auf Arte bekennt von Lowtzow, dass viele persönliche Erfahrungen, traurige Ereignisse und schmerzliche Erkenntnisse in den Songs von «Nie wieder Krieg» eingeflossen seien. Vor allem gehe es ihm aber darum, dem Wort Krieg noch eine andere Bedeutung als die Politische abzuringen und das Geschehen in einen psychologischen erzählerischen Rahmen zu stellen. Krieg als Metapher für die eigenen Ängste vor Einsamkeit und seelischer Zerrissenheit wird in derselben TV-Doku erklärt. In einem anderen Interview sagt von Lowtzow: Wenn das Album ein Roman wäre, dann wäre es ein Desillusionsroman, der von Protagonisten handle, die Träume hatten, die sich aber verflüchtigt hätten. 

Die Hamburger Band mit ihren nicht immer leicht zu verstehenden Botschaften ist beileibe nicht jedermanns Sache und man kann von Jan Müller, Arne Zank und Rick McPhail halten, was man will, aber mit «Nie wieder Krieg» ist Tocotronic ein sauberes Album zwischen Stromlinien-Pop («Crash»), punkigem Garagenrock («Komm mit in meine freie Welt») und wunderschönen Balladen («Ich tauche auf») gelungen. Nur ein Song habe eine klare politische Botschaft, so Bassist Müller. «Jugend ohne Gott gegen den Faschismus» sei die Antwort auf das Mitmachen der rechtsextremen AfD im Deutschen Bundestag. Das Album Nummer 13 der seit 1993 in unveränderter Besetzung bestehenden Band (2004 ist Rick McPhail dazugekommen) ist definitiv ein guter Grund, sich etwas näher mit Tocotronic zu beschäftigen.