Sparks: «Mad!»

Erst kürzlich behauptete die knapp 60-jährige Garbage-Sängerin Shirley Manson, im Pop-Business sei man bereits mit 28 zu alt. Dass diese Behauptung nicht stimmt, beweist sie einerseits selbst mit ihrem neuen Album «Let All That We Imagine Be the Light». Andererseits tun dies auch die beiden Brüder Ron (das ist der mit dem Schnäuzchen) und Russel Mael, die beide um die 80 Jahre alt und mit der Band Sparks schon seit Jahren im Geschäft sind – und immer wieder mit besonderen Songs aufwarten. So auch auf «Mad!», ihrem aktuellen Lebenszeichen. Ein flinker Flitzer ist «Do Things My Own Way», weiter fragen sich die zwei in «Hit Me, Baby», was kopflose Menschen alles anrichten können. «Running up a Tab at the Hotel for the Fab» könnte mit seinem gleichförmigen Format als Hintergrund für eine düstere Verfolgungsjagd dienen – inklusiv süssen Zwischentönen. Süss auch «My Devotion», wenn Russel den Namen seiner Angebeteten auf die Schuhe schreibt und sich ein Tattoo überlegt. Ein Liedchen zum fröhlichen Fingerschnippen ist «Don’t Dog It». Alle Versuche, Profi-Ratschläge für seine Sinnkrise zu erhalten, führen ins Leere. Die Antwort lautet stets: «Gib nicht auf» – oder eben «Don‘t Dog It». Witzig auch «In Daylight» mit dem Fazit, dass – frei übersetzt – während der Nacht alle Katzen grau sind. Ein wildes Loblied auf den kalifornischen Highway ist «I-405 Rules». Daneben verblassen andere Sehenswürdigkeiten dieser Welt. Eigenwillig gleichförmig «A Long Red Light» – ein Song, der wohl von einer langen Rotlichtphase inspiriert ist. «Drowned in a Sea of Tears» und «A Little Bit of Light Banner» sind lockere Pop-Heuler und «Lord Have Mercy» ist ein melodiöser Ohrenschmeichler – sozusagen ein Gebet. Wie meinte kürzlich Carlos Santana in einem Interview: «Die Melodie macht es aus, die Melodie bringt die Welt in Harmonie zusammen.» Die Sparks-Songs, irgendwo zwischen Musical, Synthi-Pop und New Wave angesiedelt, haben einen eigentümlichen Reiz, dem man immer wieder gerne erliegt.
Podcast-Tipp
Cindy Ziegler
«Die sogenannte Gegenwart»
Wenig fasziniert mich so sehr wie Popkultur – kulturelle Phänomene, die in der Gesellschaft weit verbreitet und durch Massenmedien geprägt sind. Spannend, wie sich Gegenwart darin einschreibt. Über die sogenannte Gegenwart spricht auch der gleichnamige Feuilleton-Podcast der «Zeit», abwechselnd moderiert von Ijoma Mangold, Nina Pauer und Lars Weisbrod. Jede der rund einstündigen Folgen beginnt mit dem «Gegenwarts-Check», in dem die Hosts aktuelle Beobachtungen vorstellen und kritisch einordnen. Danach folgen ausführliche Diskussionen zum jeweiligen Hauptthema. Die Themen sind vielfältig, oft werden Fragen behandelt, die man sich vielleicht selbst schon gestellt hat. Zum Beispiel: Haben Dinge eine Seele? Was tun, wenn uns Nachrichten überfordern? Müssen Märchen wieder woke werden? Besonders gelungen finde ich die Balance zwischen Tiefgang und Zugänglichkeit. Die Hosts liefern fundierte Reflexionen zur Gegenwart – mal pointiert, mal nachdenklich, aber immer anregend.