Skip to content

Lambert & Thorsten Nagelschmidt: «Nur für Mitglieder»

Für einmal ist dieser Hörtipp auch ein Lesetipp. Und das kommt so. Thorsten Nagelschmidt (*1976) ist wohl Sänger und Gitarrist der deutschen Punkband «Muff Potter», aber eben auch Schriftsteller. In seinem neuen autobiografischen Buch «Nur für Mitglieder» verzieht sich Nagelschmidt über Weihnachten in ein Hotel nach Gran Canaria, um dem ganzen Festtags-Trubel zu entkommen. Zudem will er während der 13 Tage auf der Insel noch etwas von seiner To-do-Liste streichen: sich alle Staffeln der preisgekrönten amerikanischen TV-Serie «The Sopranos» ansehen. Das heisst, 86 Stunden und 12 Minuten vor der Glotze hocken – den Player und DVDs hat er selber mitgebracht. In besagtem Roman begründet er seine Abneigung gegen das Wiegenfest Jesu, philosophiert über Sinn und Zweck der Weihnachtstage und zapft dazu auch kulturhistorische Quellen an.

Witzig, nachdenklich, melancholisch aber auch (selbst-)kritisch schaut der Autor auf sein Leben und das Weltgeschehen zurück, erzählt vom All-inclusive-Hotelbetrieb, von den anwesenden Gästen, von den Gründen für seine Flucht und natürlich auch von seiner Hauptbeschäftigung, dem Gucken der besten je gedrehten TV-Serie (sagen Filmkritiker).

Mit dem Mitmachen des Pianisten, Komponisten und Produzenten Lambert wird der Lesetipp zwischen Vergnügen und elender Tristesse aber auch zum Hörtipp. Zu den von Nagelschmidt in Spoken-Word-Manier rezitierten Szenen aus seinem Buch, hat der Tonkünstler einen tollen Sound-Teppich ausgelegt. Plätschernd, sphärisch («Nie wieder Weihnachten»), treibend-flockig («Zwölf Uhr mittags», «Du musst mal raus») oder auch fingerschnippend-luftig («Die beste Werbung der Welt», «Präsentkorb»). Passend auch die Geräuschkulisse zu seinen Erinnerungen an den Terroranschlag kurz vor Weihnachten 2016 in Berlin («Gedächtniskirche»). Leicht verjazzt/hip-hoppig und mit Chören unterlegt, die Sounds zu seiner Sopranos-Abrechnung «Schönes fürs Auge». «Nur für Mitglieder» ist definitiv ein Hör- und Lesegenuss – nicht nur 

Podcast-Tipp
Andri Dürst

«Milli Vanilli: Ein Pop-Skandal»

Vor fast genau 35 Jahren fand ein Ereignis statt, das wohl auch heute noch als grösster Skandal der Pop-Geschichte gilt. Am 14. November 1990 trat Musikproduzent Frank Farian vor die Medien und erklärte, dass die Gesichter seines gefeierten Musikduos «Milli Vanilli» nie einen einzigen Ton selber gesungen hatten. Fab Morvan und Rob Pilatus bewegten lediglich ihre Lippen zu den Stimmen von Studiomusikern. Gerüchte, dass die gefeierten Bühnenstars nicht selber singen, gab es schon zuvor. Die beiden stritten dies jedoch stets ab. Das Verrückte an der Geschichte: Es war Frank Farian selbst, der Fab Morvan und Rob Pilatus nie singen liess. Der Weg zum Erfolg und der tiefe Fall sind längst Stoff für die Kinoleinwand geworden. 2023 erschien der Film «Girl You Know It's True», in dem die Geschichte sehenswert nachgespielt wurde. Die skandalöse Pop-Geschichte wurde auch als sechsteilige Podcast-Serie aufgearbeitet. «Milli Vanilli: Ein Pop-Skandal» von Wondery ist genauso zu empfehlen wie der Kinofilm.

Empfohlen für Pop-Fans und Skandalnudeln. Zu hören auf Spotify, Apple Music und Youtube.